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Geschichte Canadas

Die Entstehung Canadas

Kanada ist eine relativ junge Nation, deren Geschichtsschreibung weniger als 500 Jahre umfaßt. Die Ureinwohner Kanadas sind Indianer und Inuit (Eskimos), die vor 30.000 Jahren über eine Landbrücke, die Sibirien mit Alaska verband, aus Asien kamen. Der erste Kontakt zwischen Ureinwohnern und Europäern ergab sich vor etwa 1.000 Jahren, als sich Wikinger aus Island für kurze Zeit in Newfoundland niederließen. Zur eigentlichen Erforschung Kanadas durch die Europäer kam es jedoch erst 600 Jahre später.



Auf der Suche nach einem besseren Weg zu den reichen Handelsmärkten des Fernen Ostens durchkreuzten die französischen und englischen Entdecker den nordamerikanischen Kontinent auf seinen Wasserstraßen und errichteten später eine Reihe von Forts - die Franzosen hauptsächlich am St.-Lorenz-Strom, im Gebiet der Großen Seen und am Mississippi, die Engländer an der Hudson Bay und an der Atlantikküste (im heutigen New England, dem nordöstlichen Teil der Vereinigten Staaten). Obwohl es Forschungsreisenden wie Cabot, Cartier und Champlain nie gelang, den Weg nach China und Indien zu entdecken, fanden sie doch etwas ebenso Wertvolles - reiche Fischgründe und Pelztiere in Hülle und Fülle.

Im frühen 17. Jahrhundert entstanden die ersten festen französischen und englischen Siedlungen. Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts nahmen Besiedlung und Handel stetig zu. Dennoch blieben die nordamerikanischen Kolonien Neufrankreich und Neuengland bis auf weiteres wirtschaftlich vom Pelzhandel, politisch und militärisch vom jeweiligen Mutterland abhängig.

Es war unvermeidlich, daß sich Nordamerika zum Brennpunkt der bitteren Rivalität zwischen England und Frankreich entwickelte. Im Jahre 1759 wurden die Franzosen in der Schlacht auf den Plains of Abraham in Québec von den Engländern geschlagen. Im Frieden von Paris 1763 fielen alle französischen Gebiete östlich des Mississippi (mit Ausnahme der vor Newfoundland liegenden Inseln St. Pierre und Miquelon) an England.

Nachdem die 65.000 französischsprachigen Kanadier unter britischer Herrschaft standen, hatten sie nur ein einziges Ziel im Auge: ihre Traditionen sowie ihre eigene Sprache und Kultur zu bewahren. Als Folge ihrer Entschlossenheit und der wachsenden Unruhen, die sich von den britischen Kolonien im Süden, von Neuengland aus, nach Norden ausbreiteten, wurde 1774 mit Abschluß des sogenannten Québec Act das französische Zivilrecht offiziell anerkannt und das Recht auf freie Religionsausübung zugestanden.

Zu dieser Zeit unternahm die britische Regierung wenig, um Siedler nach Kanada zu locken. Nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika 1776 ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, flüchteten allerdings viele englischeprachige Kolonisten, die sogenannten United Empire Loyalists, nach Kanada.



Sie ließen sich hauptsächlich in den heutigen kanadischen Provinzen Nova Scotia und New Brunswick, aber auch im Gebiet der Großen Seen nieder. 1791 wurde die "alte Provinz Québec" in Oberkanada (die heutige Provinz Ontario) und Unterkanada (die heutige Provinz Québec) geteilt, wobei beide Teile ihre eigenen parlamentarischen Einrichtungen erhielten.

In den Jahren 1837 und 1838 kam es in Ober- und Unterkanada zu kurzlebigen Aufständen. Das veranlaßte Großbritannien drei Jahre später dazu, die beiden Kolonien als Ost- und Westkanada wiederzuvereinigen. 1848 erhielt die neue Kolonie ihre eigene Regierung, die in allen Angelegenheiten mit Ausnahme der Außenpolitik selbständig war. Auf diese Weise erlangte Kanada ein weiteres Maß an Autonomie, blieb jedoch weiterhin ein Teil des britischen Weltreichs.

Die britischen Kolonien in Nordamerika, Kanada (Ost- und Westkanada), Nova Scotia, New Brunswick, Prince Edward Island und Newfoundland, wuchsen und entwickelten sich unabhängig voneinander. Als die Vereinigten Staaten jedoch gestärkt aus dem Bürgerkrieg hervorgingen, war man in weiten Kreisen der Meinung, nur ein Zusammenschluß der britischen Kolonien könne eine zukünftige Annexion durch die Vereinigten Staaten verhindern. Am 1. Juli 1867 schlossen sich Ost- und Westkanada, Nova Scotia und New Brunswick durch das British North America Act zu einem einzigen unabhängigen Land, dem Dominion of Canada, zusammen.

Der neue Staat übernahm das parlamentarische Regierungssystem Großbritanniens, mit einem Generalgouverneur als Vertreter der Krone und einem aus Unterhaus und Senat bestehenden Parlament. Das Parlament erhielt die Befugnis zur Gesetzgebung in allen Angelegenheiten von "nationalem" Interesse (z.B. Besteuerung und Landesverteidigung), während die Provinzen für "spezifische Interessen" (z.B. Eigentums- und Zivilrecht, Bildungswesen) zuständig waren.





Schon bald nach der Konföderation erwarb Kanada das sogenannte Rupert's Land von der Hudson's Bay Company - ein riesiges Gebiet, das sich von der Hudson Bay hunderte von Kilometern nach Süden und Westen erstreckte und der Handelsgesellschaft 1670 vom englischen König Karl II. zugesprochen worden war. Drei der heutigen kanadischen Provinzen sind daraus hervorgegangen: Manitoba im Jahre 1870, Alberta und Saskatchewan im Jahre 1905. British Columbia (schon seit 1858 eine Kronkolonie) entschloß sich 1871, dem Bündnis unter der Bedingung beizutreten, daß eine Eisenbahnverbindung mit dem übrigen Kanada geschaffen werde. 1873 schloß sich Prince Edward Island der Konföderation an, während Newfoundland bis 1949 Kolonie blieb, dann aber Kanadas zehnte Provinz wurde.

Dig Ausdehnung nach Westen vollzog sich nicht ohne Schwierigkeiten. Im Jahre 1869 kam es unter dei Führung von Louis Riel zu einem Aufstand der Métis (den Abkömmlingen indianischer Frauen und französischer oder englischer Pelzjäger), die ihre angestammten Landrechte gegen die weißen Siedler verteidigen wollten. Als Kompromiß wurde eine neue Provinz - Manitoba - geschaffen. Die Kolonisation des Westens schritt jedoch weiter fort, und 1885 führte Louis Riel erneut einen Aufstand der Métis und Indianer der Northwest Territories (der heutigen Provinzen Saskatchewan und Alberta) an. Auch dieser Aufstand wurde niedergeschlagen. Danach dehnte sich die Besiedlung noch weiter aus.

Die Zahl der Einwanderer nach Kanada stieg, besonders im Westen, laufend an und erreichte 1913 einen Höchststand von 400.000. Während dieser Zeit profitierte Kanada von der guten Lage der Weltwirtschaft und entwickelte sich zu einer Industrie- und Agrarmacht.

Dank des wichtigen Beitrags, den Kanada im Ersten Weltkrieg geleistet hatte, wurde ihm ein eigener Sitz im Völkerbund zugestanden. Mit dem Niedergang des britischen Weltreichs wurde Kanadas unabhängige Stimme immer deutlicher hörbar. Mit dem Statut von Westminster erlangte Kanada 1931 praktisch die volle verfassungsmäßige Unabhängigkeit von Großbritannien.

Die Weltwirtschaftskrise verursachte in Kanada wie auch anderswo große Not. Jeder vierte Arbeiter war arbeitslos, und eine Dürreperiode verwüstete die Provinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba.

Paradoxerweise war es der Aufschwung der Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg, durch den sich Kanada von dieser Wirtschaftskrise wieder erholte. Als der Krieg zu Ende war, hatte sich Kanada zur viertgrößten Industriemacht entwickelt.

Das Wachstum der kanadischen Wirtschaft setzte sich auch nach Kriegsende fort. Es ermöglichte soziale Einrichtungen wie Kindergeld, Altersrente, allgemeine Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Kanada verdankt seinen derzeitigen hohen Lebensstandard und seine hervorragende Lebensqualität diesem Wirtschaftsboom.

Bei der Einwanderung nach Kanada hat sich ein merklicher Wandel vollzogen. Vor dem Zweiten Weltkrieg kamen die meisten Einwanderer aus Großbritannien oder osteuropäischen Ländem. Seit Kriegsende hat die steigende Zahl von Einwanderem aus den südeuropäischen Ländern, aus Asien, Südamerika und der Karibik Kanadas multikulturelles Mosaik bereichert.

Mit der Entwicklung und dem Mündigwerden Kanadas als unabhängiger Nation wuchsen auch sein internationaler Ruf und sein Einfluß. Kanada ist ein Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und hat als einziges Land an allen größeren Friedenssicherungsuntemehmungen der Vereinten Nationen teilgenommen. Es ist außerdem Mitglied des Commonwealth, der Frankophonie, der Gruppe der Sieben Industrienationen sowie der NATO und der NORAD.

In den letzten 30 Jahren mußte sich Kanada wieder mit der grundlegenden Frage seiner nationalen Identität auseinandersetzen. Die Unzufriedenheit vieler Frankokanadier in der Provinz Québec führte 1980 zum Volksentscheid über die Frage einer größeren politischen Unabhängigkeit der Provinz; die Mehrheit entschied sich jedoch für die Beibehaltung des Status quo.

1982 erreichte die Verfassungsreform mit der Unterzeichnung des Verfassungsgesetzes (Constitutional Act) ihren Höhepunkt, was gleichzeitig das Ende jeglichen britischen Mitspracherechts an der künftigen Entwicklung der kanadischen Verfassung bedeutete.

Québec hat den Vertrag, der zur Verkündung dieses Verfassungsgesetzes von 1982 führte, nicht unterzeichnet. 1987 wurde ein weiterer Vertrag, das sogenannte Meech Lake Abkommen, entworfen, um den besonderen Vorstellungen Québecs entgegenzukommen, jedoch nicht ratifiziert. Eine Bundesarbeitsgruppe, eine Sonderkommission des Senats und des Unterhauses sowie Ausschüsse in den meisten Provinzen befragen die Kanadier gegenwärtig über ihre zukünftige Verfassung.

Die Bereitschaft zum Kompromiß prägt Kanada. Wie könnte es auch anders sein: Das von zwei als historische Gegenspieler bekannten Völkern gegründete Land wird durch Einwanderer der verschiedensten Kulturen, Sprachen und Bekenntnisse bereichert und zeichnet sich durch seine geographische Vielfalt aus. Dieser Geist der Mäßigung und Toleranz ist charakteristisch für den kanadischen Bund und sichert ihm dauerhaften Bestand. Einigkeit in der Vielfalt ist das kanadische Ideal. Und dieses Ideal ist es, das Kanada im Rahmen seiner wachsenden internationalen Bedeutung fördem und unterstützen will.